Eigentlich ging es in dem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall gar nicht darum ob das nachträgliche Anbringen von Wärmedämmung an einem Bestandsgebäude zulässig ist, wenn damit die Grundstücksgrenze zum Nachbarn überschritten wird (BGH – V ZR 115/20 – Urteil vom 12.11.2021).
Der Fall kommt aus Nordrhein – Westfalen und dort gibt es einen § 23a des Nachbarrechtsgesetzes der den Nachbarn dazu verpflichtet die grenzüberschreitende Wärmedämmung – allerdings gegen einen finanziellen Ausgleich – zu dulden. Jedenfalls gilt das, wenn eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise (z.B. durch eine kostenaufwändige Innendämmung) mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann. Der BGH jedenfalls hat die landesrechtliche Regelung in Nordrhein-Westfalen für verfassungsgemäß erachtet und deswegen den Nachbarn zur Duldung der grenzüberschreitenden Wärmedämmung verurteilt.
Was gilt aber nun in Sachsen? Unser Nachbarrechtsgesetz enthält eine vergleichbare Vorschrift nicht. Es bleibt bei der Anwendung von § 912 BGB. Danach sind Neubauten grundsätzlich so zu planen, dass sich die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks befindet.
Bei Bestandsgebäuden jedoch, insbesondere bei solchen deren Außenwand unmittelbar vor der Grenze zum Nachbarn steht, wäre eine solche nachträgliche Wärmedämmung somit unzulässig. Nur für den Fall, dass mit der Wärmedämmung über die Grenze hinaus gebaut wird und dass dem Eigentümer dieses Grundstückes dabei weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, hat der Nachbar den Überbau zu dulden. Allerdings gilt selbst das dann nicht, wenn der Nachbar vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch wegen der Wärmedämmung erhoben hat.
Ob und wie sich unser Landesgesetzgeber künftig in dem Zusammenhang aufstellen wird, bleibt also abzuwarten, denn die energetische Gebäudesanierung soll natürlich auch in Sachsen zur Energieeinsparung führen, die schon wegen der nunmehr durch das Klimaschutzgesetz vorgegebenen Verminderung von Treibhausgasemmissionen im allgemeinen Interesse liegt. Noch aber ist vieles offen und guter Rat kann nützlich sein!
Mitgeteilt durch Rechtsanwalt Alexander Diehl, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht