Der Fall kommt aus Glauchau. 1962 hat der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung in einer Baulücke ein Mehrfamilienwohnhaus errichtet, das jedoch ohne ein eigenes Treppenhaus hergestellt wurde. Dafür wurde mit der benachbarten Grundstückseigentümerin ein Treppenhausmitbenutzungsrecht vereinbart, das als Grunddienstbarkeit in das Grundbuch des privaten Hausgrundstückes (dienen des Grundstück) eingetragen wurde. Das Mehrfamilienwohnhaus ohne Treppenhaus wurde nach der Wende ebenfalls privatisiert. In der weiteren Folge sollte es an einen anderen privaten Eigentümer weiterverkauft werden. Dieser erkundigte sich zuvor bei dem in dieser Verkaufsangelegenheit tätigen Notar, ob das zu erwerbende Grundstück seinerseits mit Rechten zugunsten Dritter, insbesondere solcher wegen Zahlungen oder Ähnlichem, belastet sei. Der Notar hat sich daraufhin das Grundbuch des Mehrfamilienhauses ohne das Treppenhaus angesehen und dem Kaufinteressenten bestätigt, dass es sowohl in der Abteilung II (Belastungen) als auch in der Abteilung III (Schulden) keinerlei Eintragungen gibt. Das ist selbst heute noch so. Auch das benachbarte Grundstück (mit dem Treppenhaus) wurde verkauft. Dessen neue Eigentümer haben nunmehr für mehrere Jahre rückwirkend einzelne ausgewählte Nebenkostenarten abgerechnet und dem benachbarten Grundstückseigentümer (ohne Treppenhaus) in Rechnung gestellt. Denn die Eintragungsbewilligung zur Eintragung des Treppenhausmitbenutzungsrechts in deren Grundstück regelte unter anderem auch, dass 50 % der „Pflichtausgaben wie Steuern, Versicherung, Hauslicht und dergleichen“ vom Eigentümer des Grundstücks mit der Lückenbebauung getragen werden sollten. Dieser weigerte sich jedoch. Beim Kauf seines Grundstückes sei ihm vom beurkundeten Notar unter Hinweis auf sein Grundbuch die Auskunft erteilt worden, dass das Grundstück lastenfrei sei. An der Eintragungsbewilligung aus dem Jahr 1962 habe er nicht mitgewirkt. Diese betreffe deshalb nur andere Personen und nicht mehr ihn. Offensichtlich sei eine dingliche Sicherung der Zahlungsansprüche seinerzeit nicht beabsichtigt gewesen, sonst wäre im Grundbuch seines Grundstückes zumindest eine Reallast eingetragen worden. Das hat das Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal (Aktenzeichen: 4 C 252/23) unter Hinweis auf ein ziemlich neues Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) anders beurteilt und auch das Berufungsgericht (Landgericht Zwickau – 6 S 39/24) sieht das so. Denn nach dem Urteil des BGH vom 27.01.2023 (V ZR 261/21) gilt unter anderem:
„Damit einer Vereinbarung iSd § 1021 I BGB dingliche Wirkung zukommt und die Wirkungen einer Real last gem. § 1021 II BGB iVm § 1107 f. BGB eintreten können, muss (auch) die Vereinbarung in das Grundbuch eingetragen werden. Da es sich insoweit um den Inhalt der Grunddienstbarkeit handelt, muss die Vereinbarung allerdings nicht selbst in den Eintragungsvermerk aufgenommen werden. Vielmehr genügt es, wenn insoweit nach § 874 BGB auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird (vgl. OLG Düsseldorf OLG-Report 2003, 356; Staudinger/Weber BGB § 1021 Rn. 1 mwN). Auch wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks zur (anteiligen) Unterhaltung der Anlage bzw. zur anteiligen Kostentragung verpflichtet ist, genügt nach ganz überwiegender und zutreffender Auffassung für die dingliche Wirksamkeit der Vereinbarung die Eintragung in das Grundbuch des dienenden Grundstücks (vgl. § 10 GBV). Einer zusätzlichen Eintragung auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstücksbedarf es nicht (vgl. Staudinger/Weber BGB § 1021 Rn. 14 mwN; MüKoBGB/Mohr BGB § 1021 Rn. 7; Grüneberg/Herrler BGB § 1021 Rn. 1; Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch/Otto BGB, 5. Aufl.,
BGB § 1021 Rn. 15; BeckOGK/Kazele BGB § 1021 Rn. 60; BeckOK BGB/Reischl, 1.8.2022, BGB § 1021 Rn. 9).
Deshalb folgender Rat: Immer, wenn es eine wie auch immer geartete Verbindung zwischen zwei benachbarten Grundstücken, z.B. wie hier mit dem Treppenhausmitbenutzungsrecht, aber auch mit Wegerechten, mit Leitungsrechten und dergleichen gibt, schön auch das Grundbuch des Nachbarn und die dortigen Eintragungsbewilligungen mit prüfen/ prüfen lassen!
Mitgeteilt durch Herrn Rechtsanwalt Alexander Diehl
Fachanwalt für Bau und Architektenrecht aus der Kanzlei