Von einem Ehepaar war der Mann verstorben. Beide Eheleute hatten eine einzige Tochter (T), die wiederum nur ein einziges – minderjähriges – Kind (K) hat. Ein Testament gibt es nicht, so dass nach dem Ehemann die gesetzliche Erbfolge eingetreten ist. Die hinterbliebene Ehefrau und die Tochter T hätten demnach zu je 1/2 geerbt. Die Tochter wollte ihrer Mutter jedoch das gesamte Erbe zukommen lassen und hat deswegen sowohl für sich und gleichzeitig aber auch für ihr minderjähriges Kind die Annahme der Erbschaft ausgeschlagen.
Daraufhin hat die Ehefrau einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Das aber hat das Nachlassgericht abgelehnt. Als Erben sind nämlich neben dem hinterbliebenen Ehegatten auch die Erben der 2. Ordnung (die Eltern des verstorbenen Ehemannes und deren Abkömmlinge – also dessen Geschwister und deren Kinder) und die Großeltern berufen (§ 1931 I BGB). Nur wenn es solche möglichen, weiteren Erben nicht gibt, erbt der Ehegatte allein (§ 1931 II BGB). Daran, dass neben ihrer Mutter noch andere potentielle Erben (weitere Verwandte des
verstorbenen Vaters) mit in Betracht kommen könnten, hatte die T jedoch nicht gedacht. Sie hat deshalb ihre Erbausschlagung angefochten und erklärte für sich nunmehr die Annahme der Erbschaft (zu 1/2). Daraufhin hat die Mutter der T einen Erbschein beantragt, der sie und ihre Tochter zu je 1/2 als Erben ausweisen sollte.
Auch diesen Antrag hat das Nachlassgericht zurückgewiesen. Denn die Anfechtung der Erbausschlagung durch die T sei unwirksam. Es läge kein Irrtum über den Inhalt der Ausschlagungserklärungen vor, sondern vielmehr (nur) ein unbeachtlicher Motivirrtum. Die T hat Beschwerde eingelegt, die vom Beschwerdegericht
(Kammergericht Berlin) zurückgewiesen wurde (Beschluss vom 11.07.2019 – 19 W 50/19).
Allerdings ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen worden. Ob eine solche jedoch eingelegt worden ist, ist hier unbekannt. Jedenfalls ist die Rechtslage kompliziert. Wir können deshalb jedenfalls nur dringend empfehlen, sich beraten zu lassen. Es hat auch schon Fälle von Erbausschlagungen gegeben, weil die Erben dachten, dass der Nachlass nicht werthaltig sei. Und in bis dahin unbeachtet gebliebenen Grundbüchern fanden sich auf einmal zum Nachlass gehörende Grundstücke.
Mitgeteilt durch Rechtsanwalt Alexander Diehl, Fachanwalt für Erbrecht
aus der Kanzlei Diehl & Pape – Rechtsanwälte (Werdau und Zwickau)