Wer unverschuldet in einen Verkehrsunfall gerät, hat zwar grundsätzlich Anspruch auf Ersatz all seiner unfallbedingten Schäden, allerdings weichen in soweit die Vorstellungen des durchschnittlichen Geschädigten einerseits und die Regulierungspraxis der einstandspflichtigen Versicherer andererseits oft deutlich voneinander ab. Grund da für ist unter anderem die so genannte Schadensminderungspflicht, also die Pflicht des Geschädigten, zwar nicht in erster Linie den bereits eingetretenen Schaden, auf den er keinen Einfluss mehr hat, jedoch insbesondere dennoch entstehenden Schaden – etwa wegen Art und Weise der Reparatur, Anmietung eines Ersatzfahrzeuges usw. – möglichst gering zu halten. Hierzu vertraten einzelne Versicherer die Auffassung, derjenige Geschädigte, der über Versicherungsschutz in der Vollkasko verfügt, müsse vorrangig diese Versicherung in Anspruch nehmen, da mit von dort schnell eine Kostenzusage etwa für eine Fahrzeugreparatur vorliegt und da durch Zeiträume des Fahrzeugausfalls, in denen ein Ersatzfahrzeug angemietet werden müsste, verkürzt werden. Dieser Ansicht allerdings hat nun der BGH (Ur teil vom 17.11.2020 – VI ZR 569/19) eine Absage erteilt und festgestellt:
„Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den eigenen Kaskoversicherer auf Behebung des Unfallschadens in Anspruch zu nehmen, um die Zeit des Nutzungsausfalls und da mit die Höhe der diesbezüglichen Schadensersatzverpflichtungen des Schädigers und dessen Haftpflichtversicherers möglichst gering zu halten.“
Allerdings sollte der Geschädigte eines Verkehrsunfalls stets, und zwar von Anfang an, einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt, dessen Kosten der Schädiger bzw. dessen Versicherer ebenfalls zu tragen hat, hinzuziehen.
Mitgeteilt durch Herrn Rechtsanwalt Jan Koch
Fachanwalt für Verkehrsrecht